In neue Welten eintauchen (und dabei gerne auch mal ins Wasser fallen)

Als ich letztens surfen war, bin ich nicht nur in einen Neopren geschlüpft, sondern zeitgleich auch in eine ganz neue Rolle. So ein Perspektivwechsel ist nicht immer einfach, dafür aber umso wichtiger.

Um eine Halse zu fahren, muss ich den Wing über den Bug ziehen – verstanden. Aber wie war das nochmal mit der Wende und wo ist Halbwindkurs? Als Lehrerin stecke ich nicht so häufig auch in der Rolle einer Schülerin. Aber bei meinem Wingfoil-Kurs war ich zur Abwechslung mal nicht die Person mit der Fachkompetenz und den Arbeitsaufträgen, sondern stattdessen diejenige, die zuhause für die Prüfung paukt.

Bei dieser Erfahrung habe ich das Lernen durch eine andere Perspektive gesehen. Von diesem Blickwinkel aus sieht auf einmal die gesamte Situation ganz anders aus. Insbesondere im Lehrberuf ist es aber enorm wichtig, sich auch in die Menschen hineinzuversetzen, denen man gegenübertritt. Logisch: Wenn ich verstehe, was Schüler*innen antreibt und motiviert, kann ich sie auch besser unterrichten.

Wenn man den Unterricht als System betrachtet, bedeutet das: wenn ich den Akteur*innen nähertrete und versuche, mich in ihre Situation hineinzudenken, kann ich besser mit ihnen kooperieren. Unterrichtsspezifisch könnte das bedeuten: Wie sorge ich für Konzentration beziehungsweise sind meine Schüler*innen überhaupt aufnahmefähig? Haben alle verstanden, was erklärt wurde? Ganz allgemein lassen sich diese Überlegungen aber auf fast jede Art von System oder Netzwerk übertragen: Ist das Arbeitspensum für alle passend? Wie gut ist die Stimmung in der Gruppe? Was muss ich in meinem eigenen Verhalten anpassen, um alle aus der Gruppe abzuholen? Die Fähigkeit sich in andere Perspektiven hineinzuversetzen ist also essenziell für jede Art von Zusammenarbeit.

Doch wie lässt sich diese Fähigkeit – auch bekannt als Empathie – trainieren? Ein Ansatz ist vielleicht, nicht nur zu versuchen sich in andere Menschen hineinzudenken, sondern sich physisch in deren Position zu begeben. Lehrende können ihre Klassenräume oder Hörsäle vielleicht von den Stühlen ihrer Schüler*innen beobachten und Vorgesetzte einfach mal die Tischseite wechseln. Oder eben selbst mal zur lernenden Person zu werden und zuzulassen, dass jemand anders sich besser auskennt.

Hierbei gilt: keine Angst auch mal ins Wasser zu fallen. Gerade wenn man in unbekannte Rollen schlüpft, muss man sich neue Dinge erschließen. Wenn man dann nicht sofort Expert*in im neuen Thema ist oder Schwierigkeiten hat, sich auf diese andere Perspektive einzulassen, ist das völlig normal und gehört zum Lernprozess dazu.

Bei jeder neuen Erfahrung gehört das ins Wasser fallen genauso dazu wie die Flugphasen

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